Als Mama bei Sinnen bleiben

Es gibt ein schönes Bild von einer Schale und einem Kanal, das ich auch in meinen Mentaltrainings gerne erzähle. Es basiert auf einem Zitat von Bernhard von Clairvaux:

„Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale und nicht als Kanal, der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt, während jene wartet, bis sie gefüllt ist… Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter…”

Eine Schale statt Kanal also – klingt logisch; ich kann nur aus der Fülle geben. Let’s go!

Und dann kommt der Mama-Alltag. Ich finde das Bild wunderbar als gelegentliche (besser: ständige) Erinnerung in meinem Alltag und komme natürlich trotzdem regelmäßig ins Strudeln.

Wenn du dich jeden Tag um ein oder mehrere kleine Menschenwesen kümmern darfst, weißt du sicherlich wie herausfordernd es ist, sich parallel auch noch um sich selbst zu kümmern.

Zu oft ist man mit Kinder-Publikum in der Dusche oder am Klo und fragt sich:

wow, wie selbstverständlich ich es pre-kid genommen habe, im Badezimmer Privatsphäre und keinen Zeitdruck zu haben.

Und wenn es nur das wäre… 😉

 

Ich habe nachgedacht, wie ich es trotzdem schaffe (meistens) bei Sinnen zu bleiben.

Hier also meine Anti-Strudel-Maßnahmen

(die ich selbst meist zu max. 50% umsetze – vielleicht machst du die restlichen 50%, danke):

1. Smart mit Zeit umgehen

Ich werde jetzt nicht schreiben “Schlaf’ wenn das Baby schläft”, denn dann springen mir hier virtuell alle möglichen Eltern an die Gurgel und stellen berechtigterweise die Frage, ob man denn dann auch kochen, staubsaugen und chillen soll, wenn das Baby kocht, staubsaugt oder chillt.

Die Antwort kenne ich nicht.

Stattdessen habe ich für mich festgestellt, dass Zeit, die man für die eigenen Projekte, sich selbst, FreundInnen, Partnerschaft etc. nutzen möchte, sehr rar geworden ist.

Klar.

Daher versuche ich also, die wenige Zeit, die dann da ist AUSSCHLIESSLICH für Dinge zu nutzen, die NUR ICH machen kann.

Also Dinge, die nicht delegierbar sind.

Alles andere – vor allem das, was ich auch mit Baby machen kann – wird mit Baby gemacht (so die Chefin es zulässt). Fertig.

  • Kochen? Delegierbar / mit Baby machbar

  • Einkaufen? Delegierbar / mit Baby machbar

  • Wäsche? Delegierbar / mit Baby machbar

  • Yoga? Kann nur ich für mich machen

  • Duschen? Kann nur ich für mich machen

  • Meditieren? Kann nur ich für mich machen

  • Sport? Kann nur ich für mich machen

  • In Ruhe einen Kaffee trinken? Kann nur ich für mich machen

Du siehst, was ich meine.

Diese wertvolle Zeit ergibt sich manchmal auch unerwartet oder spontan – gerade dann merke ich wie wichtig es ist sie zu nutzen.

Denn ich weiß ja nie, wann die nächste Möglichkeit kommt.

Auch wenn das manchmal bedeutet, dass ich grad was ganz anderes machen wollte und eigentlich keinen Bock auf Yoga habe.

Ergibt sich aber wundersamer Weise ein Zeitfenster für mich, dann überwinde ich mein anfangs unflexibles Hirn dazu, jetzt trotzdem Yoga zu machen.

Später gibt es nämlich nicht. Ein Kind ist eine gute Anti-Prokrastinations-Hilfe.

2. Das allseits bekannte (aber oft nicht vorhandene) Dorf bauen

Das gute alte Dorf, das es braucht, um ein Kind großzuziehen ist oft gar nicht da und das ist ja mal so gar nicht artgerecht.

Anstatt, dass mehrere Betreuungspersonen auf ein Kind kommen, ist es in unserer Gesellschaft oft umgekehrt; mehrere Kinder kommen auf eine Betreuungsperson.

Das Dorf ist also vom System her nicht automatisch vorhanden, stattdessen bauen wir uns also unser System selbst.

Dazu ist es super, wenn die Bauarbeiten bereits vor der Geburt starten, vielleicht sogar schon vor der Schwangerschaft.

Gemeinsam mit dem Partner / der Partnerin kann man sich die Fragen stellen:

  • Wie soll unser Familienleben aussehen?

  • Wer soll sich wann um das Kind kümmern?

  • Wie viel müssen wir arbeiten?

  • Wie viel wollen wir arbeiten?

  • Wer kann uns unterstützen?

  • Wen binden wir von Anfang an ein?

  • Wie finanzieren wir das?

Vielleicht ziehen diese Überlegungen auch gravierende Entscheidungen bzgl. Arbeit, Wohnort, etc. mit sich.

Wichtig ist in jedem Fall, dass es bewusste Schritte sind, bei denen alle sich möglichst gut entfalten können.

Planung ist einfach Gold – und eine gute Überleitung zum nächsten Punkt.

3. Einen Plan machen (der nicht immer hält, aber hilft)

Mein Partner und ich haben uns nach den ersten turbulenten Wochen/Monaten mit Baby, in denen es sowieso keine Routinen mehr gab, einen Alltags-Plan gebaut.

Ein Rahmengerüst mit aufgeteilten Betreuungszeiten für unseren Alltag sozusagen.

Damit wir beide zu unserem Sport und unserer me-time kommen (ansonsten gehen die angesprochenen Sinne wieder abhanden).

Funktioniert dieser Plan immer in der Umsetzung? Haha, nein.

Funktioniert er manchmal bis oft? Ja, und das ist gut genug.

Er gibt uns Klarheit für unsere Aufteilung, wir müssen nicht jeden Tag komplett neu denken und bekommen – wenn alles gut läuft – auch beide Zeit für uns selbst.

Zwar braucht es die Planung und viel Kommunikation, aber das zahlt sich unserer Erfahrung nach sowas von aus.

 

4. Check-In Time

Mein Partner und ich machen unregelmäßig – je nachdem, wann es wieder gebraucht ist – einen gemeinsamen Check-In.

Im Wochenbett damit begonnen, haben wir diese Tradition seitdem fortgesetzt.

Wir stellen uns gegenseitig die Fragen:

  • Wie geht es dir als Mama/Papa?

  • Wie geht es dir als Tine/Chris?

  • Wie geht es dir als Partnerin/Partner?

  • Wie geht es dir als Wöchnerin/Wöchner?

Wir beantworten beide die Fragen und stellen dann fest, wo es vielleicht Handlungs- oder Veränderungsbedarf gibt, um größere Krisen zu vermeiden und bei Sinnen zu bleiben.

Absolute Empfehlung (natürlich auch außerhalb der Elternschaft!)!

 

5. Körperliebe

Was habe ich meinem Körper in meinen jüngeren Jahren alles zugemutet – schlimm genug (sorry Mama!).

Nach Schwangerschaft, Geburt und dem Erleben, was es alles braucht, um einen gesunden Körper heranwachsen zu lassen, habe ich einen neu gefundenen Respekt auch für meinen eigenen Körper gewonnen.

Ich meine – wie cool ist dieser Körper, der einfach monatelang einen MENSCHEN produziert, gemeinsam mit einem temporären Organ und diese dann gebärt?

Nur um dann komplett auf Milchproduktion umzustellen und einfach das nährstoffreichste Getränk überhaupt am laufenden Band zur Verfügung zu stellen.

Tolles Gerät würde ich meinen!

Deshalb bekommt der liebe Körper nach der Geburt auch ausführliche Rückbildung, ganz viel Liebe, Geduld und natürlich auch laufend gute Ernährung und Bewegung.

Rückbildung und regelmäßige Bewegung gehen auch super mit Baby und wenn es “nur” Spaziergänge mit ein paar Beckenbodenübungen sind.

Nicht nur fühlt man sich dadurch im Alltag einfach gut und vital, sondern auch das Zukunfts-Ich wird es einem danken.

 

6. Schlaf

Vielleicht ist das der allerwichtigste Punkt?

Oft vernachlässige ich ihn und denke mir, es ist nicht so wichtig jetzt meinen chronischen Schlafmangel mit einem Nickerchen versuchen zu kompensieren.

Bis ich zu übermüdet werde und wirklich alles in meinem Leben plötzlich einen grauen Schatten bekommt und ein unfreundlicher Kommentar von jemandem das Ende der Welt bedeutet.

Dann hole ich Schlaf nach und es passt wieder. Simpel. Aber als Mama schwierig umzusetzen.

Again: ich werde nicht schreiben “Schlaf’ wenn das Baby schläft”, darin bin ich nämlich selber nicht so gut.

Stattdessen schlafe ich, wenn andere die Kleine nehmen oder organisiere mehr Betreuung, wenn notwendig.

Das sind ein paar Anti-Strudel-Maßnahmen, die meinem Stillhirn momentan zugänglich waren.

Im Grunde geht es für mich darum, mich zwar hinzugeben aber nicht aufzugeben. Mama sein ist keine Selbstaufgabe. Auch wenn das oft ein sehr schmaler Grat ist.

Der eingangs zitierte Bernhard von Clairvaux meint dazu:

“Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst. Wenn du nämlich mit dir selbst schlecht umgehst, wem bist du dann gut? Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle, wenn nicht, schone dich.“

In diesem Sinne, take your time und alles Liebe,

Mama Jama

P.S.:

Wie geht es dir damit? Schreib‘ deine Strategien gerne unten in die Kommentare.

 

Christine ist Gründungs- und Mentaltrainerin und hat den Blog Mama Jama während ihrer ersten Schwangerschaft 2021 ins Leben gerufen.

Mit Mindful Business Start unterstützt sie selbstständige Frauen darin, ihre Ideen zu verwirklichen und in erste Angebote zu verwandeln.

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